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Kalmenhof

Der Kalmenhof

Die bis heute existierende Idsteiner Einrichtung für Behinderte, der „Kalmenhof“, wurde 1888 von Frankfurter Bürgern mit dem Kauf des Stockheimer Hofes gegründet. In der guten Taunusluft sollten geistig behinderte Kinder jeglicher Konfession dauerhaft ein neues adäquates Zuhause finden und bestmöglich gefördert werden.

Mit Spenden und Wohltätigkeitsveranstaltungen in Frankfurter Bürgerkreisen wurde der Aufbau der Einrichtung finanziert. Nach und nach entstand eine große Anlage mit Wohnhäusern für Mädchen und Jungen, einem Pensionat für Selbstzahler, einem Lehrlingsheim und einem Altenheim. Küche, Wäscherei, Werkstätten, Landwirtschaft und Gärtnerei sorgten für Selbstversorgung und Beschäftigung der Bewohnerinnen und Bewohner. Die „Idiotenanstalt zu Idstein“, die ab 1923 „Heilerziehungsanstalt Kalmenhof“ genannt wurde, dehnte sich bis auf die heutige Fläche am Veitenmühlweg aus und verdrängte auch die dort zuvor ansässige Lederfabrik.

Doch mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 änderte sich alles: Menschen mit Behinderungen galten nun als „lebensunwert“. Der Kalmenhof wurde gleichgeschaltet und Teil des nationalsozialistischen Tötungssystems. Forschungen zeigen einen engen Zusammenhang zwischen der Nutzung des Kalmenhofs als Lazarett und den steigenden Todeszahlen. Zeitweise war der Kalmenhof zudem eine T4-Sammelstelle für die Gaskammern in Hadamar. Eine „Kinderfachabteilung“ wurde im Anstaltskrankenhaus eingerichtet, die Ärzte beteiligten sich am sogenannten „Reichsausschuss“-Verfahren. Doch auch ohne jedes „offizielle“ Verfahren wurden zwischen 1939 und 1945 hunderte Bewohner von Ärzten und Pflegepersonal umgebracht – durch Hunger, Schläge oder Giftspritzen. Kinder, Frauen und Männer wurden auf dem städtischen Friedhof beerdigt, später auf dem jüdischen Friedhof, dann auf dem anstaltseigenen Gelände. Erst mit dem Kriegsende endete auch das Morden.

Nach 1945 übernahm der neugegründete Landeswohlfahrtsverband Hessen den Kalmenhof. Viele historische Gebäude sind verschwunden. Moderne, dezentrale Wohnformen und pädagogische Konzepte prägen heute die Einrichtung, die inzwischen Teil der Vitos Teilhabe gGmbH ist. Rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an verschiedenen Standorten in Hessen und Rheinland-Pfalz tätig. Der Sitz der Gesellschaft mit der zentralen Verwaltung liegt in Idstein. Das Verwaltungsgebäude befindet sich auf dem Kalmenhofgelände.